RE: Kapitel 1: In Phexens Diensten - 6

Habe ich das wirklich gesagt?

"Genau. Sieh zu, dass es nicht noch mehr werden."
ich nicke kurz in Richtung der Bibliothek.
Zum Glück ist es hier nicht so hell. Ich fühle eine Reizung meiner Augen und das Ansammeln von Feuchtigkeit.

"Du, ich muss los. Viburn und Mayla warten auf mich."
Ich drehe mich wieder ab und gehe zur Treppe.
Wie konnte ich nur?

Auf der zweituntersten Stufe setze ich mich hin.
Ich stütze meinen Kopf in beide Hände
Immer wieder gehen mir die Worte des Ausbildners für Anstand und Benimm durch den Kopf.
Leise murmele ich sie vor mich hin: "Das gehört sich nicht für eine junge Frau deines Standes."
Wieder und wieder spüre ich den Konflikt in mir zwischen Ausbildung und Auflehnung gegen diese Einschränkungen.
Warum sollte ich einem Freund nicht sagen können, dass ich ....
"Das gehört sich nicht für eine junge Frau deines Standes."
"Ich brauche dringend Ablenkung. Wo bleibt bloss Viburn?"

Ich schaue Eli noch einen Moment lang nach. Dann drehe ich mich um und gehe in die Bibliothek zurück.
Erst jetzt fällt mir der Geruch nach Bier und Essen der Eli anhaftete auf. War sie betrunken? Das würde so einiges erklären...

In gedanken versunken stolpere ich über die Leiter welche bereits Fiana zu Fall gebracht hat und reisse dabei einen Tisch inklusive darauf befindlicher Bücher auf den Boden.
"Aua...", keuche ich unter den Büchern hervor.

"Sozusagen. Können wir los? Ich habe hier momentan alles erledigt."
Gemächlich stehe ich auf. Leichter Schwindel erinnert mich an den Bierkonsum des Nachmittags.
"Kennst du eine gute Unterkunft in der Bunten Flucht?"

Viburn schaut über seine Schulter und grinst Eli an. "Nein, nicht in den Tempel. In den Wald!"

Du staunst immer wieder wie geschmeidig und anmutig sich der Phex-Geweihte bewegt. Katzengleich überquerst er den Marktplatz in Richtung Eydal.

"Kommst du?"

"In den Wald? Warum?"
Ungläubig schaue ich zum Geweihten.
"Du hast doch gesagt, dass wir Mayla bei euch daheim treffen."

Etwas verwirrt folge ich Viburn

Als du aufschliesst schaut er dich wieder an. "Bei uns daheim, richtig....wir haben verschiedene Daheims" meint er mit einem Lächeln. "Es wäre doch schade diesen wunderschönen Sommerabend unter einem Dach zu verbringen!"

"Hey! Pass doch auf du Tölpel!" schreit der fette Händler als Viburn frontal mit ihm kollidiert. Der Geweihte dreht sich gewandt ab und murmelt eine Entschuldigung. Das ganze war eine einzige, fliessende Bewegung. Nur dank deiner scharfen Beobachtungsgabe hast du feststellen können wie Viburns rechte Hand blitzschnell nach der Geldbörse des unvorsichtigen Händlers gegriffen hat...

"Mayla kommt ein wenig später. Sie hat immer so viel zu tun. Wird Zeit das seine Spektabilität wieder zurück ist..."

Ich schaue dem Händler nach, bis er ausser Hörweite ist.
"Ganz schön flinke Finger hast du da."
Bewusst auffällig lege ich meine Hand auf meinen Beutel.
"Also sag schon. Was machen wir im Wald? Ihr habt da doch sicher kein zweites Haus, wenn ihr eines innerhalb der Stadtmauern habt."
Entspannt, aber immer noch mit der Hand am Geldbeutel, schlendere ich neben ihm her.

Als sie gerade ein Buch aufheben will greiffe ich nach ihrer Hand.
"Genug Bücher für heute. Ihr dürft doch sicher auch andere Dinge als nur eure Pflicht erledigen...?"
Ich erhebeich, weiterhin die Hand der Bibliothekarin haltend.
"Zeit für ein wenig Abenteuer... Wenn du dich traust."

Du merkst wie Viburn deinen verwirrten Blick geniesst.

"Nicht ein Haus...aber es gibt einen Ort. Einen speziellen Ort. Es wird dir gefallen."

"Wie geht es dem jungen Magier? Die Vogtvikarin kann sehr fordernd sein aber sie hat es auch nicht einfach. Die Macht- und Ränkenspiele in Lowangen nehmen manchmal ein absurdes Ausmass an. Ein gewisses Mass an Skrupelosigkeit ist überlebensnotwendig....hilf dir selbst dann hilft dir Phex, stimmts?"

Ihr huscht über die Vanderen-Olgosh-Brücke und verlasst Lowangen in Richtung Süden.

"Lowangen bei Nacht. Glücksspiel, Musik, Bier...", erkläre ich.
Ich setze mich in Bewegung und ziehe Fiana sanft mit.