Geschichten und Begebenheiten im Leben eines Hügelzwerges.

Efferd 1019:

Lachend und entsetzt zugleich stehe ich im Wind.
Die Luft drischt auf mich ein. Schneller als ein Bergsturz die Hänge des Kosch runterstürzt, klatschen mir schwere Tropfen und Blätter ins Gesicht.
Was für ein Sturm! Noch nie habe ich so etwas gesehen.
Meine Bewunderung für die Leute dieses Landes wächst noch weiter.
"Ist es nicht wunderschön?" schreit Ulf durch den Sturm und deutet auf die riesigen Wellen die schäumend dem Ufer zurollen.
"Schön? Du spinnst ja!" Ich bin wie versteinert. Jedes Haar juckt, eiskalte Rinnsale fliessen meinen Rücken hinab, Schweiss tritt aus allen Poren.
"Es ist noch schlimmer, als ich es mir vorgestellt habe. Die Beschreibungen waren ja schon schrecklich, aber das übertrifft alles."
Dennoch kann ich den Blick nicht abwenden und muss mir eingestehen, dass es eine grosse Faszination auf mich ausübt. Das MEER!

Boron 1011:

Das Licht der Morgensonne fiel auf die bunten Blätter des Waldes. die ersten waren schon rötlich verfärbt, der Grossteil aber gelblich bis ockerfarben.
Ein schwacher Wind aus dem Westen, vom Gebirge her, bewegte die Baumkronen und führte dazu, dass sich eine Vielzahl von Farb- und Lichtpunkten in kurzer Zeit über den moosigen Boden bewegten.
Tief und langsam zog Grofmasch die Luft durch die Nase.
'Kühl... Würzig trocken... Es hat seit über einer Woche nicht geregnet.... Eine Note von Sporen von Pilzen... und etwas schärferes... Dung!'
Langsam drehte er den Kopf und machte zwei drei Schritte, verharrte kurz und sank nach einem weiteren Schritt auf das Knie.
Ein dunkler Haufen im Laub hatte seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
'Hirsch oder Reh... noch leicht dampfend... eher ein grosses Tier'
Sein Blick wanderte über den Kot und dann zum Waldrand zur rechten. Da er kein Tier erkennen konnte, wandte er sich nach links zu Fenlik Eisenbart, der ihn begleitete. Mit einem Nicken bedeutete er ihm näher zu rücken.
Als sein Freund aufgerückt war zeigte er ihm seinen Fund.
Leise sprach er zu ihm: "Wie es aussieht werden wir heute noch die Möglichkeit haben deine neue Armbrust zu testen."
Fenlik nickte und strich über den blanken Holzschaft der Waffe und hielt sie ihm dann entgegen.
"Willst du den ersten Abschuss?"
"Danke Nein. Es ist deine Waffe und dir gehört das Vergnügen."
Ein Geräusch auf der Lichtung liess ihn herumfahren.
"Psst!" und schon begann er sich vorsichtig zum Waldrand zu bewegen. Er wusste, dass ihm sein Freund auf der linken Seite folgte.
So war es schon immer gewesen.
Nach etwa 25 Schritt erreichten sie das lichte Unterholz.
Drei Hirschkühe grasten auf der kleine Weide von etwa 50 Schritt Durchmesser.
Ein Blickkontakt genügte und beide zogen ihre leichte Armbrust.
Ohne die Augen von den Tieren zu lassen öffnete er seinen Köcher am Gürtel und holte ein Geschoss hervor und klemmte es zwischen die Zähne.
Dann stellte er seine Waffe mit dem Bügel auf den Boden und blockierte diesen mit dem Fuss. Mit den blossen Händen zog er die Sehne in die Haltevorrichtung und hob die Armbrust dann wieder an. Der Bolzen wurde eingelegt.
Fenlik war fast gleichzeitig fertig mit den Vorbereitungen.
Er zeigte seinem Freund 3 Finger, um das Ziel zu bestimmen.
Dann begannen beide zu zielen.
'Drei Atemzüge zur Beruhigung... Wange an den Kolben... linkes Auge schliessen... Ziel fixieren... Schuss!'
Praktisch im selben Augenblick flogen beide Bolzen von der Sehne.
Grofmasch's Bolzen traf das zweite Tier in der Flanke, während Fenlik's Geschoss der dritten Hirschkuh in den Hals fuhr. Augenblicklich ergriff das ungetroffene Wild die Flucht.
Das Ziel von Grofmasch rannte ebenfalls los, brach aber nach 3 Schritten mit einem schmerzerfüllten Röhren zusammen.
Die letzte Kuh hielt sich noch auf den Beinen, torkelte aber bereits unkontrolliert umher.
Beide Zwerge rannten los, aber da Fenlik der flinkere war, hatte er schnell ein paar Schritte Vorsprung.
Ein lautes Knacken am Waldrand lenkte die Aufmerksamkeit von Grofmasch zur Seite. Er konnte den Ursprung nicht ausmachen, verlangsamte aber seine Schritte, um genauer zu prüfen was das Geräusch verursacht hatte.
Dann erblickte er den Hirsch, der durch das Unterholz flüchtete.
Anscheinend war er gerade im Begriff gewesen die Lichtung zu betreten, als die Zwerge schossen.
Ein Keuchen und unterdrückter Fluch ertönte aus der Mitte der Lichtung und Grofmasch wandte sich wieder dem ursprünglichen Ziel zu.
Sein Freund war nicht zu sehen, aber die schwankende Hirschkuh stand immer noch.
"Fenlik?" Besorgt begann der Zwerg in Richtung des Ursprung des Fluchs zu eilen.
Nach etwa 5 Schritt fand er Fenlik der hüfttief in einem etwas vertieften Wasserloch stand. Anscheinend war er zu stürmisch vorgerückt.
"Komm da raus. Jetzt ist noch nicht Zeit sich zu waschen." Schmunzelnd trat Grofmasch um das Wasserloch herum zu der Stelle an der die Böschung am flachsten war und hielt seinem Freund den Schaft seine Waffe hin, damit sich dieser daran festhalten konnte.
"Beim haarigen Arsch deines Urgrossvaters. Das ist nicht lustig! Ich hasse Wasser."
Missmutig packte er die dargebotene Armbrust und zog sich mit der Hilfe von Grofmasch aus dem Tümpel.
"So eine Schweinerei. Meine Stiefel sind voll."
Schmatzende Geräusche begleiteten jeden Schritt.
Krachend fiel die Hirschkuh neben ihnen zu Boden.
Erschrocken guckten die beiden Freunde auf das sterbende Tier.
"Na siehst du, deine Ar..."
Es wurde schwarz um Grofmasch.

Als sich seine Augen öffneten war alles unscharf. Ein Schmerz zuckte durch den Schädel.
"Grofmasch! ... Komm zu dir! ... Grofmasch!" donnerte es in seine Kopf. Eine Erschütterung brachte noch mehr Schmerzen mit sich.
Langsam begriff er was vor sich ging.
Fenlik schüttelte ihn. Irgendetwas hämmerte auf einem Amboss in seinem Kopf.
Das linke Auge schmerzte und ... ES SAH NICHTS!
Instinktiv hob er die linke Hand, um sich das Auge frei zu wischen. Doch eine starke Zwergenhand hielt sie zurück.
"Nicht anfassen. Vielleicht kann dir der Heiler noch helfen, wenn wir es in Ruhe lassen und schnell genug bei ihm sind."
Grofmasch fühlte, wie an seine Arm gezogen wurde und ein weiterer Stich durch seinen Kopf bis in den Nacken fuhr.
"Was? ... Warum?"
Er kam auf die Beine und fühlte den Arm, der ihn umschlang.
"Das Scheissvieh hat dich getreten. Es hat dein Auge erwischt. Los komm jetzt."
Ohne Widerstand liess er sich führen.
Er hatte keine Ahnung wie lange er mit seinem Freund Arm in Arm unterwegs war.
Doch mittlerweile fühlte er sich etwas besser.
Als sie beim Heiler ankamen, ging es ihm schon wieder recht gut und er konnte selbstständig in das Haus treten.
Sofort drückte ihn der alte Moltus auf einen Hocker und holte etwas Wasser und ein Tuch, um das Auge zu reinigen.
"Schwein gehabt. Du bist ja ein echter Glückspilz."
Schmerzen krochen vom Auge aus durch den Schädel.
"Kann ich morgen wieder sehen?" brummte der Zwerg zum menschlichen Heiler.
Verdutzt schaute ihm dieser ins Auge.
"Natürlich du hast ja noch ein Auge. Das andere wird sicher nie mehr sehen. Es ist kaputt und nicht zu retten, aber du hast das Ganze ansonsten ziemlich schadlos überstanden. Jeder andere wäre wahrscheinlich tot."
Nach dem ersten Schock und der damit verbundenen Ruhe meinte Grofmasch nur.
"Dann bin ich wohl ein Glückszwerg. mal sehen ... hahah ... was das Leben sonst noch für mich bereit hält."