Elodiron Grabensalb » Erinnerungen und Geschichten

Rahja 1007 BF

Sie spürte das sanfte Streichen der mütterlichen Hand Heidelinde's auf ihrem blonden Haar und sagte aufgeregt: "Sieh nur Mama, so viele Häuser. Wird das unsere neue Heimat?"
Die Strahlen der tiefstehenden Sonne beleuchtete das Dächermeer der Hauptstadt und tauchte alles in einen goldenen Glanz.
Das kleine Mädchen sass auf dem Kutschbock eines einachsigen Wagens, auf dem die gesamte Habe der beiden verladen war. Nicht dass es viel gewesen wäre, aber genug um in Gareth einen Neubeginn zu starten.

Sehr schöne Idee

Rahja 1007 BF

Die Strapazen der Reise waren vergessen und die schon lange spürbare Vorfreude schlich sich langsam in ihr Gesicht.
Die Mutter erkannte das Strahlen der smaragdfarbenen Augen, die im Licht der Sonne leuchteten und hoffte, dass sich die Erwartungen ihres kleinen Lieblings auch erfüllten.
"Ich bin froh, hier zu sein. Ich will Kinder treffen, die nicht böse zu mir sind."
Schmerzlich erinnerte sich Heidelinde an die letzten Jahre in Greifenfurt.
Elodiron war häufig von Kindern und Erwachsenen gemieden worden, selten auch als Halblut beschimpft worden und einmal war sie sogar von einem gleichaltrigen Jungen geschlagen worden. Das hatte auch den Auschlag gegeben, dass sie sich dazu entschlossen hatte ihre Heimat zu verlassen. Selbst Baeron, Elis Grossvater, war der meinung, dass es wohl besser für die Kleine sei, wenn sie wegziehen würden.
f18t22p176n4.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Der Mann am Tor hatte die Abdeckung angehoben und schaute wenig interessiert auf ihre Habe.
"Was wollen sie in der Stadt? Besuchen sie Verwandte?"
Verwundert sah Eli wie ihre Mutter nickte und entschloss sich zu schweigen. Stattdessen schaute sie wie gebannt auf das roten Tier, das auf dem Wappenrock des Stadtgardisten prangte.
Dann ruckte es kurz und der Wagen holperte durch das Tor. Die Wache wandte sich dem nächsten Einlassbegehrer zu und Eli begann damit die vielfältigen Eindrücke der grossen Stadt auf sich wirken zu lassen.

Zum Glück hat Eli Greifenfurt früh genug verlassen. Während dem 3. Orkensturm war es dort mehr als ungemütlich...:)

Ingerimm 1012 BF

Zögerlich schritt Eli durch den steinernen Wandelgang im dritten Geschoss.
Da sie sich bewusst war, dass sie diesen Weg wohl zum letzten Mal zurücklegen würde, versuchte sie sich nochmals alles einzuprägen. Die glatten Steinplatten am Boden, von tausenden von Schuhsohlen blank geschliffen. Zu ihrer Rechten die mit Halbsäulen gegliederten Wände, in deren Flächen unbekannte Steinmetze die heroischen Taten der Absolventen der Akademie festgehalten hatten. Die Vielfalt der Steine und damit auch die der Farben rückten zum ersten Mal richtig in ihr Bewusstsein. Das Grau des Granits am Boden wurde von einem fast schwarzen Sockel aus einem fein geäderten Kalkstein eingefasst. Die Pilaster waren aus einem rötlichen, grobkörnigen Stein, der noch die Spuren des Stockhammers trug. Die Flächen dazwischen wirkten gelblich, doch das konnte auch von den überall brennenden Laternen stammen. Die Lichtquellen waren jeweils seitlich der Steinbilder angeordnet, damit das Streiflicht die Höhen und Tiefen der Flachreliefs mit Licht und Schatten noch verstärkten.
Auf der gegenüberliegenden Seite schloss ein Balustradengeländer aus schwerem, dunklem Steineichenholz die Lücken zwischen massiven Steinpfeilern, die aus dem gleichen Material waren wie die vorstehenden Halbsäulen der Wand.
Kunstvoll geschnitzte Staketen ermöglichten den Durchblick in den Innenhof, der von einigen Novizen bevölkert war.
Dann stand sie vor der Tür.

Firun 1033 BF

Schmerz holt mich ins Bewusstsein zurück.
Der Geruch von Räucherwerk ist stark und scheint die Sinne zu benebeln.
Dennoch kann er die anderen Düfte nicht komplett verdecken. Verschwommen nehme ich einen massigen Schatten vor einer Lampe war.
Noten meines eigenen Schweisses, vermischt mit dem des Kerls über mir steigen mir in die Nase. Der Druck seiner kraftvollen Arme drückt mich auf das Lager.
Meine Zunge nimmt ein Gemisch aus Schnaps und dem metallischen Geschmack von Kupfer auf.
"Ich habe Blut im Mund?" schiesst mir durch den Kopf.
Unmittelbar danach klären sich kurzfristig die Wahrnehmungen und ich fühle den Knebel im Mund, sehe das ledrige Gesicht des Mannes etwa anderthalb Spann über meinem. Stechender Schmerz zuckt durch den Körper. Instinktiv versuche ich mich unter ihm wegzudrehen, spüre aber augenblicklich, dass sich der Druck seiner Hand auf meiner nackten Brust verstärkt.
"Halt still!" sagt er ruhig. Ein Schwall alkoholischer Ausdünstungen begleitet die Worte. "Ich bin gleich fertig, wenn du jetzt nicht still liegen bleibst, wird es hässlich."
Ein undefinierbarer Laut dringt durch meinen Mund. Ich versuche zu schreien. Panik ergreift meinen Verstand, meine Magen rebelliert und ich versuche mit meinen Beinen nach ihm zu treten.
"Halt sie fest!" höre ich gedämpft und spüre wie zwei Hände meine Fussgelenke packen und festhalten. Weitere Schmerzwellen schiessen durch meine Brust. Tränen schiessen mir in die Augen. Die Decke des Raumes schwankt in meinem verschwommenen Blickfeld.
"Ahh. Fertig!" höre ich und spüre, dass der Druck sanft auf meinem Oberkörper nachlässt.
Unfähig klar zu sehen, verlasse ich mich auf meine Instinkte und Reflexe. Ich rolle mich über die rechte Seite vom Bett und falle tiefer als erwartet und lande im Arm des Mannes.
"He, pass auf. Der Tisch ist hoch." höre ich. Tisch? nicht Bett? Ich spucke den Knebel aus und wische mir die Augen trocken. Sanft werde ich auf den Boden gestellt.
Als ich die Augen aufmache sehe ich Gunnar und Salvit.
Plötzlich sind die Erinnerungen wieder da. Ich bin beim Tätowierer in Thorwal. Erleichterung flutet durch meinen Körper.
"Was ist? Es hat weh getan." Brummle ich, da mich die beiden stumm anstarren.
"Sowas habe ich noch nie erlebt. Liegt warscheinlich daran, dass du meine erste elfische Kundin bist. Die lassen sich sonst nie hier blicken." Er legt sein Werkzeug zur Seite und wendet sich wieder mir zu.
In der einen Hand hält er ein Tuch, mit der anderen streckter mir eine Tonflasche hin. "Nimm das. Es hilft beim Betäuben der Schmerzen."
Ich greife nach der Flasche und nehme einen grossen Schluck, der höllisch brennt. Hustend stelle ich die Flasche weg.
"Eigentlich schade." murmelt der Tätowierer während er sein Werk betrachtet.
Ich versuche einen Blick auf seine Arbeit zu werfen und blicke von oben auf meine rechte Brust, wo sich das Zeichen des Listigen auf meiner blassen Haut abzeichnet. "Was ist nicht gut?" frage ich besorgt.
Er schüttelt langsam den Kopf und betrachtet sich meinen linken Oberarm. Eine blaue Boltruna, die das Zeichen der Sturmkinder einfasst, wickelt sich um ihn. "Nichts. Ich bedaure nur, dass sich Deinesgleichen nicht tätowieren lassen will. Es war ein Vergnügen auf solcher Haut zu arbeiten."
Etwas beschämt greife ich nach meiner Bluse und ziehe mich an. Der Stoff fühlt sich wie ein Reibeisen an, als er die Haut um die frischen Hautbilder berührt.
"Wie lange fühlt sich das so an?" will ich wissen.
"Etwa eine halbe Madaphase." meint er und drückt mir noch meinen Gürtel in die Finger.
Nur nichts anmerken lassen. Ich packe den Rest meiner Sachen zusammen und hole eine Goldmünze aus meinem Geldsack. "Danke. Ich denke, dass dies angemessen ist." Ich lächle ihn an und wende mich dem Ausgang zu.

Dann verlasse ich den Raum und trete wieder auf die Strasse. Die frische Luft bringt meinen Kreislauf in Schwung und pumpt den Alkohol durch meine Adern.
"Es scheint, dass du nicht besonders viel verträgst. Nach den drei 'Premer Feuer', die du zur Beruhigung genommen hast, bist du gleich weg gewesen."
"Ja ja." winke ich ab.
Die Erinnerungen von vorhin drängen wieder ins Bewusstsein, ... die Taverne in Gareth, ... das Zimmer des widerlichen Händlers, ... seine grabschenden Hände, ... der Dolch, ... Blut, ... viel Blut, ... Flucht.
Meine Knie geben nach. ich schlage die Hände vor mein Gesicht und versuche die Gedanken zu vertreiben. Nach ein paar Augenblicken habe ich mich wieder im Griff. Der dumpf pochende Schmerz in meinem Oberarm erinnert mich an die Realität. Ich lasse mir von Salvit auf die Beine helfen.
"Jetzt brauche ich etwas zu trinken."
Den Vorschlag des jungen Thorwalers, in die Akademie zurück zu gehen lehne ich ab. "Nein, ich will nicht, dass mich die anderen in der Verfassung sehen. Lass uns irgendwo essen und trinken, bis ich mich wieder gut fühle."
Misstrauisch willigt er ein. "Ich denke nicht, dass du noch viel trinken solltest, aber es ist deine Entscheidung." Er pfeift nach Garhelt und gemeinsam gehen wir zu der nahen Taverne 'Glücklicher Zechpreller'.

Durch meine heutige Vorleistung wird das wahrlich ein äusserst kurzes Saufgelage. Selbst das Essen von schwerer thorwaler Kost kann das unrühmliche Ende nur kurz hinauszögern. Nach dem dritten Bier stosse ich mit dem Jüngling, der immer noch keine Anzeichen eines Rausches zeigt, mit einem Schnaps an.
"Auf Thorwal!" "Dasch wohl!"
Ich spüre, dass ich nicht mehr lange mithalten kann. "Du hascht mich be... siegt. Ich bin ... besoffen. Bring mich ins Bett."
Während Salvit mit dem Wirt spricht versuche ich mich auf dem wankenden Deck der Zechpreller auf die Beine zu hieven. Schwerer Seegang behindert mein Vorhaben und ich muss mich am Tisch festhalten. Dann kommen die beiden auf mich zu. Sie bewegen sich im Einklang mit dem Schwankenden Schiff und kommen mich holen. Irgendwie schaffen sie es mich vom Tisch zu lösen und bringen mich nach draussen. Dort legen sie mich auf einen einachsigen Karren. Ein paar Sterne leuchten zwischen den Wolken auf mich nieder. Nasse Sterne. Es dauert nicht lange bis ich begreife, dass die Sterne Regentropfen sind, die im Schein der Tavernentür leuchten.
Kurz darauf sehe ich die Stadt an mir vorbei holpern. Ich erkenne ein paar Gebäude und weis, dass es in Richtung der Akademie geht. Als wir die Windmühlen passieren bin ich völlig durchnässt und habe kalt. Es ist es um mich Geschehen. Ich würge und huste und drehe mich noch gerade soweit, dass mein Gesicht über den Karrenrand ragt. Langsam wird es dunkel um mich.

Mir war von Anfang an klar, dass es sich um einen Tätowiervorgang handeln muss... :-S

Boron 1033 BF

Ein Glücksgefühl durchströmt mich, wie ich es seit langen nicht mehr erlebt habe.
Knapp dem Tod entronnen stehe ich auf dem Deck der Seetiger, in eine warme Decke gehüllt und bin umgeben von gröhlenden Thorwalern.
Stane, in der gleichen Aufmachung wie ich, prostet mir mit seinem Trinkhorn zu.
All die anderen scheinen mich mit anderen Augen zu sehen. Die Vorurteile sind wie weggewischt.
Selbst Jandra lächelt, ein äusserst seltenes Ereigniss, und hebt ihr Horn.
Thorgrim packt mich an den Schultern und brüllt etwas in der kruden Sprache der Nordländer. Es scheint aber durchaus gut gemeint zu sein.
Lachend schlendere ich über die Planken und halte in der Rechten ein gefülltes Trinkhorn, während ich mit der anderen Hand die Decke festkralle.
Am Heck des Schiffes treffe ich auf Arn, der am Ruder steht. Er breitet seine Arme aus und umschliesst mich damit, als ich an ihm heran trete.
Einen kurzen Augenblick geniesse ich dieses Gefühl der Geborgenheit, dann löse ich mich wieder von ihm.
„Danke, ich werde das nicht vergessen. Du hast mir dies ermöglicht.“

Jetzt gehöre ich dazu, ich bin nicht mehr bloss geduldet. Ich bin ein Teil der Mannschaft.

„Daneben!“
Kaum hat Thorgrim‘s Klinge die Luft zerschnitten spannen sich meine Muskeln und ich drücke mich vom Teppich ab. Knapp mehr als eine Armlänge von mir entfernt sehe ich den Rücken des Häuters auf seinem Pferd. Meine Hände greifen nach ihm, doch der Widerstand des Teppichs ist zu schwach und mein Sprung zu kurz.
Entsetzt wird mir klar, dass ich es nicht schaffe. Der dunkle Boden rast auf mich zu. Schmerz schiesst durch meinen Körper. Ich spüre einen Stich im Arm, der unter der Wucht des Aufpralls einknickt. Rote Wolken und Tränen schiessen ins Blickfeld. Dann knallt der Rücken in den Dreck.
Benommen bleibe ich kurz liegen, mühsam krame ich die kleine Kupferflasche aus meiner Gürteltasche. Die Finger meiner linken Hand sind taub. Mit den Zähnen öffne ich den Verschluss und lasse die Flüssigkeit über meine Lippen fliessen.
Kribbeln breitet sich aus, Kraft strömt in meinen Körper und vertreibt die Schmerzen.
„Grom!“ Angst erfüllt mich kurz und ich springe auf die Beine. Sofort höre ich den Kampflärm durch die Nacht. Wie von selbst renne ich los und schon bald erkenne ich die vier Schemen auf der Grasebene. Erleichtert darüber, dass meine Freunde noch alle stehen, suche ich den Häuter und springe ihn von hinten an und klammere mich an ihn. Kraftvoll packt sein Arm zu und reisst mich von ihm runter.
Während ich mich aufrapple höre ich die Stimme von Barnabas, der mir eine Phiole in die Hand drückt. „Gift. In seine Fresse damit.“
Ich warte bis er einen Hieb gegen Thorgrim ausführt und ramme ihm dann das Glasbehältnis in den Mund. Klirrend bricht es und das Gift spritzt in sein Gesicht und auf meine Hand. Die kleinen Schnitte ignoriere ich und gehe sofort wieder auf Distanz.
"Er ist unglaublich gut." Grom und Barnabas versuchen ihn mit Schlägen ihrer Stäbe abzulenken, um eine Lücke für den Krieger zu schaffen, doch unser Gegner pariert scheinbar alles. Mit Schrecken stelle ich fest, dass ein wuchtiger Hieb Thorgrim zu Boden gehen lässt. Kurz darauf steht auch Grom nicht mehr.
Verzweiflung breitet sich in mir aus. "Ist es das gewesen? So kann es doch nicht enden?" Wutentbrannt ergreife ich das Schwert Leuentatze und gehe zum Angriff über. Mukkadin's Worte dringen durch den Nebel des Zorns und ich täusche einen Schlag an, um dann zum Stich zu wechseln. Freudig seh ich die Spitze der Klinge in seinem Fleisch versinken. Ich lecke die Mischung aus Gift und Blut von meinem Handrücken und spucke es in seinen, vom schmerzerfüllten Schrei geöffneten, Rachen.
Den Triumph vor Augen sehe ich seinen schnellen Hieb zu spät und spüre eine Flut aus Schmerzen, als sein Schwert mein Bein beinahe abtrennt.
Überwältigt von der Wucht der Pein lasse ich die Waffe fallen und knicke ein, da mein Bein mich nicht mehr trägt.
Barnabas landet einen krachenden Treffer, was nur zur Folge hat, dass die Klinge des Häuters auch ihn fällt.
Plötzlich steht Thorgrim über mir und nimmt sein Schwert auf. Er lockt den Häuter von uns weg. Grom und ich kriechen zu Barnabas. Es ist zu spät für ihn. Als ich mich umdrehe sehe ich wie das Monster seine Klinge in einer Blutfontäne aus dem Körper meines thorwalschen Freundes zieht.
Langsam kommt er zu uns.
"Schnell weg! Unsichtbar machen und verschwinden. ... Warum? Wohin?" schiesst mir durch den Kopf.
Grom versucht noch im Liegen den Mörder zu Fall zu bringen, wird aber rücksichtslos niedergestochen.
Traurig stehe ich auf, halte mich auf einem Bein und schaue ihn trotzig an.
"Niemals wieder kusche ich vor einem Mann! Lieber sterbe ich hier."
Wie in Trance weiche ich noch zwei Schlägen aus, dann trifft mich die Klinge. Ich spüre den Schmerz nicht mehr. Dunkelheit umfängt mich und Golgari's Schwingen erklingen leise.
"Grom. Thorgrim. Barnabas. Ich liebe euch."


16. Ingrimm 1034

Das zu lesen ist immer wieder ergreifend. Das tragische und einsame Ende 4 guter Freunde.